Mehrmaliges Waschen auf dem Weg zur Kaffeeveredelung

Bevor unser schöner kenianischer Kaffee zur Auktion kommt, wird er in verschiedenen Prozessen wie zum Beispiel der Nassaufbereitung und dem anschliessenden Auslegen zum Trocknen und mehrmaligen Wenden nach dem Waschen exportfertig gemacht. Auf dem Bild oben ist der Auktionsort, das Coffee House von KPCU – Coffee Mills, gelegen in einer quirligen Gegend hinter dem Hauptbahnhof von Nairobi, zu sehen. Hierher gelangt unser Kaffee am Ende einer langen Reise. Jeden Dienstag erzielen die besten Kaffees aus Kenia an der Kaffeebörse gute bis sehr gute Preise und gehen in den Export.

Vom Waschen für den Export, Raubtieren in der Stadt und Gewalt

Wenn Sie mal da sind, schauen Sie doch vorbei, die Auktionen sind öffentlich. Hier sehen Sie Raubtierkapitalismus „at its best“, wenn die braungebrannten, teils sehr jungen europäischen Herren in den dunklen Anzügen mit den Anbietern im Verkostungsraum diskutieren, um dann bei der Auktion ein Lot nach dem anderen zu ersteigern.

Es geht heiß her in diesem Raum, man könnte bisweilen meinen die Luft überhitzt, weil ein großer Fön die Akteure unter Druck setzt. Aber so manches gute Geschäft wird auf der anderen Seite erst nach dem offiziellen Börsenschluss in trockene Tücher gebracht wenn alles etwas abgekühlt ist. Achtung: Nehmen Sie am besten keine Wertsachen mit. Die Strassen vor dem sicheren Gelände sind bisweilen sehr hektisch, um es höflich zu sagen. Tipp: Schaut Euch den Film „Nairobi Half Life“ an, dann wisst ihr was Nairrobbery bedeutet.

Warum eigentlich immer die besten Bohnen in den Export gehen müssen, fragt man sich schon? Ganz offensichtlich wird besondere Sorgfalt auf die Herstellung der exportfähigen Bohnen gelegt, u.a. durch das Waschen bei der Nassaufbereitung des Kaffee, die zum Geschmack beiträgt. Ob das jedoch die astronomischen Preise in den Zielmärkten rechtfertigt, ist meines Erachtens stark anzuzweifeln.

An der Basis erhalten sie kein Extra-Geld für das Waschen des Kaffee

Wie man im folgenden Film sehen kann, sind viele Menschen an der Veredlung der Kaffeebohnen über verschiedene Stufen hinweg beteiligt. Dennoch – und weil das System des Kaffeehandels per se ständig so tut als würde es keine einzelnen Schritte geben, die individuell zu bewerten sind – gibt es nur pauschale Preise für Kaffee, der in der Fabrik weiter verarbeitet wird.

„Fabrik“ oder „Factory“ ist die lokale Kaffeesammelstelle der umliegenden Bauern. Letztlich ist sie nur wenige Meter bis maximal ein paar Kilometer von den Kleinbauern entfernt. Die Factory ist aber auch ein Ort mit dem Monopol des Pulping und somit ein Ort, an dem die Bauern um ihre gerechte Entlohnung gebracht werden.

Denn: das Pulping ist der Vorgang, bei dem Kaffeekirschen in eine Apparatur mit zwei Walzen geworfen werden und danach das Kirschfleisch und die Bohne getrennt herauskommen. Ein einfacher Vorgang, den die Bauern in Eigenregie leisten könnten und der eine Veredelungsstufe bedeutet. Genau das ist ihnen jedoch verboten.

Den Bauern nimmt man den Kaffee, nein vielmehr man hat Vorschriften, die es den Bauern nicht gestatten den Kaffee selbst zu veredeln. In der Factory hat man dann Arbeiter, die wertschöpfende, fachliche Tätigkeiten verrichten, die zur Qualitätskontrolle und -sicherung zu zählen sind. Diese führen letztlich zu der Qualität, die man als exportfähige Sackware bezeichnet.

Waschen, legen, föhnen oder einfach nur Stöhnen?

Das System in Kenia ist ausgeklügelt und auf die Bedürfnisse einzelner im Kaffeehandel zugeschnitten. Hier bedarf es dringender Reformen, wenn nicht ganze Landstriche weiter verelenden sollen. Und auch die Profiteure in den Zielländern müssen sich überlegen wie sie zukünftig operieren, denn irgendwann wird der letzte ausgebeutete Kleinbauer seine Kaffeepflanzen ausgerissen und durch Mais oder ähnliches ersetzt haben. Was dann?

Schwarzes Gold oder Betongold

Der erste Ring (oder Speckgürtel) um Nairobi ist heutzutage bereits entcoffeeiniert, wenn man es so plakativ nennen möchte. Das große Schlagwort macht die Runde: Betongold.

Die weiteren bäuerlichen Ansiedlungen führen tief ins Hinterland, wo Betongold momentan bestimmt kein Thema ist. Hier muss man einen Neuanfang wagen und Gesetze reformieren, so dass die eigenverantwortliche Bestellung von Kaffeefeldern und Veredelung des Kaffees für die Kleinbauern wirtschaftlich Sinn macht und ohne Angst vor Strafverfolgung möglich ist.

Sie sind es auch die Interesse daran haben diese Kulturpflanze zu erhalten. Die Regierung täte sich selbst den größten Gefallen wenn sie diese Entwicklungen anschieben würde, anstelle die – eventuell auch aus den eigenen Reihen oder deren Familien –  gewähren zu lassen, die ausschliesslich an die eigenen Profite denken und absolut nichts übrig lassen für die letzten und schwächsten Glieder der Wertschöpfungskette. Aber man wäscht derzeit noch lieber seine Hände in Unschuld.

Wesentliche Teile der Wertschöpfung müssen bei den Kleinbauern verbleiben. Das bedeutet für sie Möglichkeiten zur Entwicklung zu haben und zwar frei von Zwangskollektivierungen, wie sie in den „freiwilligen“ Kooperativen vorgegeben sind. Erst wenn die Bauern gemeinsam die einfachen Schritte im Rahmen der Nassaufbereitung von Kaffee selbstständig bearbeiten dürfen, ist ein erster Schritt gemacht auf dem langen Weg der Selbstbestimmung. Das Waschen führt dann tatsächlich zu einer Reinigung, einer Katharsis der kenianischen Gesellschaft in dieser Frage.

Vorteile der Nassaufbereitung

    • am Markt stärker nachgefragte Geschmacksvariante durch andere Art der Fermentierung
    • geringere Abhängigkeit von Wetterkapriolen
    • „sauberer“ Kaffee durch Selektion verdorbener Bohnen

 

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